Was vor ein paar Woche noch niemand für möglich gehalten hat, ist nun tatsächlich eingetreten. Die Welt steht still. In Schockstarre vor einem Virus, das entweder eine harmlose Erkältung hervorruft oder einen direkt auf die Intensivstation befördert. Keiner weiß es so genau. Und diese Unsicherheit macht Angst. Sich dennoch nicht von den viele Schreckensmeldungen aus aller Welt und den mittlerweile enorm steigenden Zahlen hier in den USA verrückt machen zu lassen, ist die größte Herausforderung. Noch sind wir mit den Dingen des Alltag, wie Homeschooling, Kochen, Einkaufen und Homeoffice gut beschäftigt, so dass uns die Balance ziemlich gut gelingt.
Am meisten bewundere ich die Kinder. Ihnen wurde von jetzt auf gleich ihr Leben, bestehend aus Schule, Sport und Freunden komplett genommen. Vor rund 14 Tagen bekamen wir die Nachricht, dass der Campus der GISSV bis zu den Osterferien geschlossen werden muss. Dazu muss man wissen, dass die Schule hier mehr ist, als ein Ort, an dem Wissen vermittelt wird. Der Campus ist der zentrale Ort des sozialen Miteinanders für uns Expats. Nicht nur die Kinder haben hier ihre sozialen Kontakte, sondern auch die Mütter treffen sich regelmäßig nach Schulschluss auf dem Spielplatz. Vor zwei Tagen wurde die Verlängerung der Schulschließung bis zum 1. Mai kommuniziert. Ob die Kinder bis zum Ende des Schuljahres (hier der 18. Juni) überhaupt noch einmal live Unterricht haben werden, ist fraglich. Gleichzeitig würde ich es mir so sehr wünschen - für uns alle!
Immerhin haben die Kinder jeden Tag Videokonferenzen mit ihren Lehrern und sehen so zumindest virtuell ihre Klassenkameraden. Die Lehrer machen hier wirklich einen hervorragenden Job und können trotz aller Widrigkeiten Inhalte vermitteln, die Kinder für neue Themen begeistern und auch moralisch unterstützen. Nicht nur die Hauptfächer werden behandelt, sondern auch Kunst, Musik und Sport. Ein tolles Team, das uns die Zeit im Lockdown deutlich erträglicher macht. Doch bald kommen die Osterferien. Wie wir diese Zeit ohne soziale Kontakte, mit gesperrten Stränden, National Parks und Trails überstehen werden, ist mir noch nicht klar, aber auch hier wird es Lösungen geben. Schließlich haben wir keine andere Wahl.
Denn die Zahl der Erkrankten hier in der Region steigt trotz Shelter-in-Place weiter an. Aktuell gibt es 591 Fälle im Santa Clara County mit 25 Toten. Doch die Dunkelziffer ist mit Sicherheit viel höher, das wird sogar auf der offiziellen Seite des County eingeräumt. Aufgrund der begrenzten Testkapazität wird jedoch nach wie vor sehr zögerlich getestet. Aber es gibt auch optimistische Stimmen, die der Bay Area eine deutlich positivere Prognose vorhersagen als der Region New York (San Francisco Chronicle). Hoffen wir, dass die Autoren Recht behalten.
Die Menschen halten sich hier generell sehr gut an die Richtlinien des Social Distancing. Beim Einkaufen werden nur noch eine begrenzte Anzahl an Menschen in den Markt gelassen, Markierungen an den Kassen zeigen, wo man sich anstellen darf, um die nötigen 1,5 bis 2 Meter Abstand zum Vordermann einzuhalten. Trotzdem gehen wir mit Mundschutz (eigentlich aus unserem Erdbeben Vorrat) und Handschuhen einkaufen und freuen uns darüber, dass wir das Nötigste wieder überall bekommen - außer Händedesinfektion, Oberflächen Desinfektion und Klopapier. Aber noch kommen wir mit unseren Vorräten gut über die Runden und beschränken uns auf Händewaschen mit Seife. Die gibt es noch - manchmal zumindest.